Quelle: Odenwälder Echo vom 15. Juni 2016
Beerfelden15.06.2016
Sorgen um „Geisterbahnhof“
Von Birgit ReutherNAHVERKEHR II Hetzbacher Haltepunkt schreckt Reisende eher ab / Stadt sieht noch keine Lösung
HETZBACH – Zerbrochene alte Sitzbänke, abgestellte und offensichtlich abgemeldete Autos, dafür kaum Parkplätze für Bahnreisende. Verdreckte Hinweisschilder und ein Ambiente, das abschreckt: Der Bahnhof von Hetzbach bietet ein erbärmliches Bild. Daran stören sich Einheimische, Urlauber, Verwaltung und Kommunalpolitiker.
Nach der für 2018 geplanten freiwilligen Fusion der Oberzentkommunen Beerfelden, Rothenberg, Sensbachtal und Hesseneck muss der Hetzbacher Bahnhof nach Ansicht der Beerfelder Grünen „ein Aushängeschild für die neue Stadt werden oder wenigstens im Außenbereich ein akzeptables Ambiente bieten“. Schließlich sei in den Beratungen zum integrierten Entwicklungskonzept (Ikek) klar und deutlich von den Bürgern zum Ausdruck gebracht worden, „dass der öffentliche Personennahverkehr die Lebensqualität steigert“.
- HOFFEN AUF CHANCEN BEI DORFERNEUERUNG
Der Hetzbacher Bahnhof bleibt auf der Agenda der städtischen Gremien: Da auch bei den Ikek-Beratungen immer wieder deutlich wird, wie wichtig die Station für die Oberzent ist, wäre es nach Einschätzung von Görig „schon eine Option, hier etwa im Zuge der Dorferneuerung eine gute Lösung zu finden“. Doch dafür brauche man zuerst ein Konzept, das schlüssig und dauerhaft tragbar sei. „Das müsste gut durchdacht sein, und wir müssten da einiges an Geld in die Hand nehmen.“
Als gute Lösungen in Sachen Bahnhofs-Neugestaltungen stuft BeerfeldesnBürgermeister die Beispiele Erbach und Michelstadt ein. Diese seien jedoch nur eingeschränkt mit Hetzbach vergleichbar. Und beim Hinweis auf die geplante Fusion der Oberzent-Kommunen sei zu bedenken, dass in den Hessenecker Ortsteilen Kailbach und Schöllenbach ebenfalls zwei kleinere Bahnhöfe existieren. (big)
Weiterer Kritikpunkt: Es fehlen Parkplätze
Wie Fraktionssprecherin Elisabeth Bühler-Kowarsch auf ECHO-Anfrage berichtete, haben sich gerade wieder in den vergangenen Wochen viele verärgerte Fahrgäste bei den Grünen Luft gemacht: Dieses Areal sei alles andere als ein Aushängeschild für Beerfelden, gar von einem „Geisterbahnhof“ ist die Rede. Zudem stünden kaum Parkplätze für Reisende zur Verfügung, wird beklagt.
Der Bahnhof des Beerfelder Stadtteiles Hetzbach ist der wichtigste Anschlusspunkt für Bahnkunden aus der Oberzent, die entweder in Richtung Eberbach/Heidelberg/Stuttgart oder in Richtung Darmstadt/Frankfurt unterwegs sind. Nach Ansicht der Grünen ist die Situation in Hetzbach „ein deutliches Beispiel dafür, dass die Privatisierung der Bahnhöfe durch die Deutsche Bahn gescheitert ist und eindeutig zulasten der jeweiligen Kommunen ging“. Anstatt die Infrastruktur in ländlichen Regionen aufrecht zu erhalten, habe sich die Bahn ihrer Verantwortung entzogen und die Kommunen allein gelassen. Wie seinerzeit berichtet, hat die Bahn ihre Hetzbacher Immobilie 1997 an einen privaten Interessenten verkauft. Laut Auskunft von Bühler-Kowarsch steht das Gebäude seit geraumer Zeit leer.
Aktuell werde der Hetzbacher Bahnhof von zwei abgemeldeten Fahrzeugen „bevölkert“, für Bahnkunden gebe nur zwei Parkplätze. Die Holzkonstruktion der ehemaligen Einladevorrichtung am Bahnhofsgebäude rottet dahin – „baufällig und gefährlich“, meinen die Grünen. Aufgetürmte Sitzbänke, ausrangierte Möbel: Die Szene erinnert an Sperrmüll.
„Auf einen Ausbau des Bahnsteigs wurde vor Jahren aus Kostengründen verzichtet, das zweite Gleis wurde abgebaut“, kritisieren die Grünen weiter. Da die Bordsteine nicht erhöht wurden, beschweren sich Reisende öfter auch über Schwierigkeiten beim Ein- und Aussteigen. Grund: In diesen Haltesituationen werde der Tiefeinstieg bei den Zügen oft nicht ausgefahren. Immerhin: Mit dem Betreiber der Odenwaldbahn, der Vias GmbH, gebe es gute Kontakte: „Nach Hinweisen klappt es dann wieder.“
Die Zustände und Probleme beim Hetzbacher Bahnhof sind auch im Rathaus von Beerfelden bekannt: „Ich fühle mich dort ebenfalls verlassen“, bestätigt Bürgermeister Gottfried Görig die für Bahnreisende, Stadtteil und Stadt „rundum unbefriedigende Situation“. Die Kommune sei dran am Thema, eine Patentlösung habe man bisher aber nicht. Mit Blick auf die wenigen Parkplätze dort verweist Görig auf den Zuschnitt des Grundstücks: Die Bahn habe Gebäude und Gelände seinerzeit wie gehabt verkauft, „die Situation gibt da momentan nichts Besseres her“.
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